Rückblick zum 40. Jubiläum des Hohndorfer Carnevalsvereins
Anfang der 1950er Jahre gründeten sich in unserer Umgebung die ersten Karnevalsvereine. Unter anderem in Hermsdorf, Kuhschnappel oder Lichtenstein, später in Oelsnitz. In Hohndorf entstand die Idee, Karneval zu feiern im Jahr 1972. Nach einer Chorprobe, Ende November 1972 im “Weißen Lamm”, zur Vorbereitung auf eine Beerdigung, muss es wohl sehr trocken und traurig zugegangen sein. Jedenfalls hat sich das Chormitglied Johannes Pöschel anschließend in der Gaststube des Hauses noch einmal niedergelassen. Zufallig fand im gleichen Raum eine Weihnachtsfeier der Busfahrer statt, zu der er sich hingezogen fühlte. Durch sein Talent, gereimte Geschichten und Witze zu erzählen, wurde er in dieser Runde schnell warm. Der damalige Gastwirt des Lamms, Hartmut Müller, erst kurze Zeit in Hohndorf, bekam dies mit. Da er sich schon mit dem Gedanken befasst hatte, in Hohndorf Karneval zu feiem, kam ihm dieses Treffen gerade recht. Er fragte Johannes ob er sich vorstellen könne, im Ort einen Karnevalsverein zu gründen, bekam aber an diesem Tag keine Antwort darauf. Erst am 10. Januar 1973 liefen sich beide Herren wieder über den Weg und man kam erneut auf diesen Gedanken zu sprechen. Diesmal mit Erfolg. Johannes gelang es in kürzester Zeit, weitere, meist ortsbekannte Bürger,von dieser Idee zu begeistern. So kam es am 15.2.1913 zur I. Karnevalsveranstaltung im “Weißen Lamm”.
Unter der Einmarschmusik “Ja wir san mit’ n Radeln do”, begann der organisierte Karneval in Hohndorf. Als Vorbild für die Gestaltung unserer Veranstaltungen diente die Mainzer Fastnacht. Und somit gab es von Anfang an eine Saalpolizei, unter der Führung ihres Hauptmannes, Werner Pönitz, die Gardemädchen, trainiert von der damaligen Turnlehrerin, Frau Gerda Küchler, das Prinzenpaar Gunter der I. und Monika die I. (Gunter Ponickau und Monika Bretschneider) und natürlich einen Elferrat, mit den Gründungsmitgliedern: Johannes Pöschel, Heiner Krauße, Klaus Lenk, Jürgen Pönisch, Siegfried Schoop, Karl Berthel, Heinz Selbmann, Ewald Danisch, Bernd Tischendorf, Karl Pfüller und Gero Rosenlöscher. Für die Technik auf der Bühne verantwortlich waren Karl Brosche, Georg Velikonja und Wolfgang Weller. Das Bühnenbild und andere Dekorationen malte Lothar Pierer. In der I. Saison gab es insgesamt 2 Veranstaltungen. Am Einlass und Garderobe standen die Eheleute Marta nnd Erich Rosenlöcher. Der Verein lief offiziell als Hohndorfer Dorfdub (eingetragene Vereine gab es zu dieser Zeit nicht), nannte sich aber vom I. Tag an: HCV = Hohndorfer Carnevals Verein. Man erkennt also, das der Karnevalist ein vielseitiger Mensch ist. Um an einem Abend Trauerlieder zu singen, anschließend in eine Weihnachtsfeier zu rutschen und zum Schluss einen Karnevalsverein ins Leben zu rufen, kann man nur ein Narr sein.
Im Jahre 1974 kam es im Elferrat zum Wechsel. Karl Pfüller schied aus und Joachim Hartmann übernahm seine Position. Gleichzeitig konnte der damalige Sportlehrer Heinz Parthey, als zusätzlicher Übungsleiter für die Garde gewonnen werden. Somit waren 4 Lehrer der Hohndorfer Schule im HCV aktiv. Nicht ganz ohne Nebenwirkung. Denn pünktlich 22 Uhr stellte sich der damalige Direktor Heinz Selbmann auf die Bühne und forderte höflich, aber direkt, die Schüler zum Verlassen des “Kulturhauses” auf. Meist ohne Diskussion!
Dass 1975, die 3. Saison im Lamm, bereits die vorläufig letzte in Hohndorf werden sollte wusste niemand. Unmittelbar nach der letzten Veranstaltung wurde der Saal vom Kulturhaus “Glück Auf“ gesperrt. Grund war der Holzwurm im Dachstuhl. Ob es noch andere Gründe gab, ist nicht bekannt... “Durch das Dröhnen der Lautsprecher, könne es zum Einsturz der Decke kommen”, hieß es offiziell. Leider ging damit auch für die Hohndorfer Jugend ein schöner Treffpunkt verloren.
Zu Tanzveranstaltungen musste man nach Auswärts gehen und die geliebte und weithin bekannte Disco, freitags im Lamm, gab es nicht mehr. Wer jedoch glaubte, dass damit das Kapitel Karneval in Hohndorf bereits beendet war, sollte sich gewaltig täuschen. Viele Hohndorfer waren vom Virus “Fastnacht” angesteckt und begeistert. Die Veranstaltungen waren lange im Voraus ausverkauft und Karten wurden, wie vieles damals, zur Mangelware. 500 Zuschauer waren im Saal keine Seltenheit. Erwähnt werden sollte, das der Karneval in dieser Zeit nicht unbedingt gefördert wurde. Man war geduldet. Wohl auch, weil er von angesehenen Personen, auch Persönlichkeiten des Ortes, initiiert und gestaltet wurde. Und man erkannte schnell, dass bei aller Kritik, die von der Bühne unters Volk getragen wurde, immer aber ein gewisses, meist gutes Niveau, dahinter stand. Unser programm sollte weder beleidigend oder gar primitiv wirken. Das hatten sich die Gründer dieses Vereins auf ihre Fahne geschrieben, obwohl es die erst viel später geben sollte. Zum Glück ahnte zu dieser Zeit niemand, wie und vor allem wie lange es ohen “Lamm” weitergehen sollte. Doch, dass es weitergeht, stand fest!
So kam es 1976 zum Auswärtsantritt im "Grünen Tal" zu Gersdorf. Natürlich kamen damit auf den noch recht jungen Verein ganz neue Herausforderungen zu. Neben der Hauptaufgabe, der Gestaltung des Programmes, kamen zusätzliche Anforderungen. Nicht nur Requisiten, nein auch die Aktiven, aber vor allem unser Publikum musste über den Hofgraben geschafft werden. Heute kein Problem, aber damals hatte nicht jeder einen PKW. Und Busse konnte man nicht ohne weiteres mieten. Aber es wäre nicht der HCV mit seinen Ideen gewesen, auch diese Aufgaben zu meistern. Zur Hinfahrt wurden Fahrgemeinschaften gebildet, welche alle Mitwirkenden ins Tal fuhren. Die letzten ließen Ihre Fahrzeuge in Gersdorf stehen. Auch unsere Gäste wählten diese Art der Beförderung. Für die Heimfahrt war es uns gelungen, vom Kraftverkehr doch einen Omnibus zu organisieren. Dieser fuhr ab 23.30 Uhr bis 1.00 Uhr jeweils viermal nach Hohndorf. Doch welcher Karnevalsverein geht schon so zeitig nach Hause? Demzufolge waren die ersten 3 Fahrten sogenannte Leerfahrten und im letzten Bus 150 Personen, etwa. Der Vorteil war, das niemand umfallen konnte. Ein Akt, der sich in all unseren "Auswährtsjahren" wiederholte.
Die Treue unseres Publikums zeigte, das wir auf dem richtigen Weg waren. Immerhin waren die meisten Gäste der weiterhin restlos ausverkauften Auftritte aus Hohndorf. Natürlich musste gerade in dieser Zeit auch der Saal in Gersdorf renoviert werden und so zogen wir nach nur einem Jahr wieder um nach Oelsnitz ins Rathaus. Wieder derselbe Aufwand mit dem selben Erfolg. Obwohl es in Oelsnitz schon seit den 60iger Jahren einen gestandenen Fasching im "Hans Marschwitza" gab. mit nicht gerade wenigen Besuchern, füllten wir, nur 100 m weiter, das Rathaus an 4 Samstagen mit über 1000 Gästen. Parallel zu diesen Veranstaltungen kamen Gastauftritte in der weitern Umgebung, z. B. im Wälzlagerwerk Fraureuth, im Kreiskulturhaus Hohnstein-Ernstthal (heute Schützenhaus). Der Vereinentwickelte sich stetig voran. Die Anfangs ausgeliehenen oder abgetragenen Kostüme wurden nach und nach durch neue ersetzt. In Eigenbau wurden Nebelmaschine, Blaulichtanlage oder unzählige Dekorationen gebaut. Viele Dinge konnten nur als Tauschobjekte erworden werden. Und so war es gut, einen Fleischer oder einen Lebensmittelhändler in seinen Reihen zu haben. Ja selbst unsere Maurer haben zum Erhalt der Kapelle begetragen, indem sie beim Bandleader, Manfred Vogel, in Jahnsdorf, einen Sanitärtrakt (damals Aborthäusel) errichteten. Nach dem Jahr in Oelsnitz, gingen wir wieder zurück nach Gersdorf, um allerdings 1984 und 85 nochmal ins Rathaus ausweichen zu müssen.
Rückblickend behaupte ich, dass diese Saisons in der Fremde sich positiv auf den Zusammenhalt im Verein ausgewirkt haben. Gerade die Jahre in Gersdorf sind den meisten in guter Erinnerung. Gemeinsame Mahlzeiten bei Speckfettbemmen oder selbstgemachten Gurken waren genauso schön, wie die legendären Gesangsrunden mit Karl Berthel am Klavier und Johannes Pöschel als Vorsänger.
Zu den bereits erwähnten Fremdauftritten kamen noch 2 zwei Höhepunkte hinzu. Der HCV trat in Zwickau auf. In den bekanntesten Häusern der region im "Lindenhof" und der "Neuen Welt". Manch einer fühlte sich auf dem absoluten Höhepunkt seiner "Karriere". Es bedeutete aber auch Stress pur. Hier der Ablauf am letzten Wochenende vor der Fastnacht:
Freitag - Abendveranstaltung, Samstag - Abendveranstaltung, Sonntag - Rentnerfastnacht, Rosenmontag - Lindenhof, Fastnachtdienstag - Neue Welt, Aschermittwoch - geselliger Ausklanga auf dem Fußballplatz!
Viele glauben ja, Karneval sei nur Jux, Tollerei und Alkohol. Dabei ist es die ernsteste Nebensache der Welt und sehr anstrengend. Langsam zeichnete sich ab, dass die Bauarbeiten im Lamm zu Ende gehen würden. Im Frühjahr 1985 beteiligten sich viele Hohndorfer Vereine an den letzten Baumaßnahmen, damit der Fertigstellungstermin zum 7. Oktober (Tag der Republik), gehalten werden konnte. Der HCV hackte Putz von der Außenwand am rechten Gebäudeteil. Dann war es endlich soweit. Das Kulturhaus "Glück Auf" wurde nach 10-jähriger Bauzeit wieder eröffnet. Es war kein Palast geworden, worauf man nach der langen Bauphase hätte schließen können, aber es war ein Schmuckstück für den Ort, auf dem neusten Stand.
Nach der offiziellen Eröffnungsfeier hielt der HCV zur Saisoneröffnung 1985/86, am 11.11., wieder Einzug ins Lamm. Standesgemäß feierten wir das mit einem festlichen Umzug von der Alten Oelsnitzer Straße, durch den Ort, zum neuen kulturellen mittelpunkt Hohndorfs. Viele Einheimische säumten den Straßenrand und auf der Treppe zum Haupteingang erfolgte die Schlüsselübergabe von Bürgermeister Wolfgang Seidel an den HCV. So schön die Zeit in der Fremde auch war, so froh waren alle, wieder zu Hause feiern zu dürfen. Durch die großzügige und moderne Struktur im Lamm, war es für uns ein schönes Arbeiten. Wir wurden überall unterstützt. In Dekoration, Beschallung und Kartenverkauf.
Aber auch in beiden Orten unserer Auswärtszeit hatten wir bleibende Spuren hinterlassen. In Oelsnitz gründete sich nach uns der OOCV und Gersdorf hatte ab 1985 mit dem GFK auch einen eigenen Karnevalsverein. Erwähnenswert sind noch zahlreiche Auszeichnungen für die geleistete kulturelle Arbeit. Damit wurde nun auch von offizieller Seite der Karneval in der DDR anerkannt. Zu erwähnen wäre auch, das wir bei all den kritischen Darbietungen, vor allem aus der Bütt (in manchen Programmen hatten wir 4 eigene Büttenredner), nie zensiert wurden oder etwas streichen mussten. Der HCV war zu einer festen größe in Hohndorf und Umgebung geworden.
Donnerstag, der 9. November, abends. Der HCV dekorierte den Saal für die Eröffnung der Saison 1989/90. Im Hintergrund lief im Lamm ein Radiosender. Aber es wurde nur gequatscht und das interessierte nun niemanden, gleich gar nicht, wenn es auch noch ein DDR Sender war. Und so bekam auch keiner von und mit, das sich so einiges auf dieser Welt, vor allem aber in unseren Leben, verändern sollte. Erst am nächsten Tag, aber richtig bewusst, am 11.11. zur Abendversammlung, bekamen wir die Grenzeröffnung zu spüren. Die Menschen fuhren in den Westen und unsere bis dato treuen Gäste auch.
Der Saal war zum ersten Mal nicht voll. Eine Tatsache, die nicht nur uns betraf. Das man den HCV auch im Westen schon vor der Grenzöffnung kannte, wussten wir nicht. Umso überraschter kamen die Kontaktaufnahmen der GROKAGE aus Sandweiher und dem DCC aus Dudweiler, verbunden mit Einladungen, auch noch am selben Wochenende.
So reisten 2 Delegationen in den tiefen Westen, nach Baden-Baden und Saarbrücken. Die 90iger Jahre sollten sich für den Verein als als goldig erweisen. Glanzvolle Programme mit hervorragenden Darstellern, 2 prunkvolle Festveranstaltungen zum 20- und 25-jährigen Vereinsjubiläum (1993 und 98), zahlreiche Gastauftritte und auch wieder gut besuchte Veranstaltungen im Lamm, sollen erwähnt werden. Als größtes Plus kam uns nun das restaurierte Haus zu Gute. Während in anderen Orten Tanzsäle abgerissen wurden, hatten wir weiterhin eine hervorragende Heimstätte. Wenn auch mittlerweile in veränderter Form, als Discothek. Es gab großzügige Unterstützung für Vereine und durch die Möglichkeit, selbst zu wirtschaften, konnte sich unser Verein, gestützt auf einen soliden Haushalt, gut entwickeln. Wir unternahmen Busfahrten, Weihnachtsfeiern oder gestalteten das jährliche Dorffest mit.
Allerdings vollzog sich unter unserem Publikum ein Wechsel. Durch die Umgestaltung zu einer Disco, verbunden mit neuer Musikrichtung und der Tatsache, dass sich der Saal am späten Abend mit neuen, meist sehr jungen Gästen, überfüllte, kam es zum verlust des ursprünglichen Charakters unserer Veranstaltungen. Ein Verlauf, den wir nicht beeinflussen konnten, der sich aber in der Entwicklung des Vereins zeigte. Die Festveranstaltung zum 25-jährigen Vereinsjubiläum 1998 kannn als Höhepunkt unserer Qualität imProgramm betrachtet werden. Bedingt durch Abgänge und Verlust sehr guter Darsteller, endete hier ein weiterer Abschnitt in der Geschichte des HCV.
Die Zeit nach der Jahrtausendwende war geprägt vom Generationenwechsel. Die Gründungsmitglieder wurden nach und nach von jüngeren Aktiven ersetzt. Ein letzter gemeinsamer Auftritt des "alten" Elferrates gab es zum 30-jährigen Vereinsjubiläum 2003. Mit einer Festveranstaltung wurde dieses gefeiert. Ein Jahr später beendete auch unser langjähriger Vereins- und Sitzungspräsident, Heiner Krauße, seine aktive Tätigkeit.
Er war von 1990 - 1994 offizieller Präsident, bis 2004 noch Sitzungspräsident, nachdem er viele Jahre zuvor dieses Amt nur inofffiziell ausüben konnte. Zu DDR Zeiten gab es keine Vereine in dem Sinne, wie sie heute existieren.
Nach und nach wurden wir auch in unseren Programmen mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Klassische Büttenreden waren immer weniger vom Publikum erwünscht. Man wollte mehr Show. Der Gast hatte andere Erwartungen, wahrscheinlich auch beeinflusst von Internet und Fernsehen.
Als schwierig erwies sich auch die Nachwuchsarbeit. Die Interessengebiete junger Menschen hatten sich verschoben. Dazu kamen die Schließung der MIttelschule und das Verstreuen der Schüler in umliegende Orte. Glücklicherweise hab es aber in letzter Zeit wieder einen Zulauf, so dass wir zum Jubiläum, anlässlich der 40. Saison, zum Karneval in Hohndorf, wieder gut aufgestellt sind. Sowohl in unseren Tanzgarden, als auch in der Saalpolizei, gibt es gute und zuverlässige junge Aktive, die uns optimistisch auf die nächsten Jahre blicken lassen. Damit der HCV auch weiterhin eine feste kulturelle Größe in Hohndorf und Umgebung bleiben wird.
HCV Helau!
Jörg Rosenlöcher